Die wichtigsten Begriffe rund ums Holotrope Atmen - ein Glossar
Holotropic Breathwork oder auf deutsch Holotropes Atmen ist eine erfahrungsbasierte therapeutische Methode, die in den 70er Jahren von dem Psychiater Dr. Stanislav Grof, einem Pionier der Bewusstseinsforschung und seiner Frau Christina Grof entwickelt wurde. Der Atem in Begleitung von Musik dient hier als Tor in einen erweiterten heilsamen Bewusstseinszustand, der es erlaubt das Unbewusste zu erforschen, psychische wie physische und energetische Blockaden zu erkennen und zu lösen sowie sich dem Mysterium des Lebens zu öffnen.

Um einen sicheren Rahmen und Qualitätsstandards zu gewährleisten ist Holotropic Breathwork seit den 80er Jahren markenrechtlich geschützt und darf ausschließlich von GTT (Grof Transpersonal Training) ausgebildeten Facilitatorn angeboten werden.
Inzwischen hat sich das Holotrope Atmen zu einer wichtigen Praktik in der Transpersonalen Psychologie entwickelt und ist in vielen Ländern weltweit, vor allem aber in Nordamerika und Europa zugänglich.
Dieses Glossar ist eine Zusammenstellung der wichtigsten Begriffe, die mit dem Holotropen Atmen in Zusammenhang stehen, um ein besseres Verständnis dieser faszinierenden Methode zu vermitteln. Die Begriffe sind in alphabetischer Reihenfolge gelistet.
Inhaltsverzeichnis
Bewusstseinszustand, holotroper
Bewusstseinszustand, veränderter
APS
Das "Awareness Positioning System" ist ein System, dass es jedem Menschen erlaubt äußere Ereignisse, die einem im Leben triggern (zum Beispiel in Beziehungen mit Partner, Familie, Vorgesetzten oder Kolleg:innen) nach innen zu nehmen und zu nutzen, um inner-psychische Prozesse zu erkennen, zu verändern und den eigenen Handlungsspielraum zu erweitern. Indem das Bewusstsein weg von dem äußeren Ereignis hin zum inneren Erleben (den Emotionen und Körperempfindungen, die in dem Moment getriggert werden) gerichtet wird, haben wir die Möglichkeit unbewusstes Material ins Bewusstsein zu holen und uns selbst zu erkennen. Eine hilfreiche Frage ist hier: Ist mir das (diese Emotion, dieses Körperempfinden) vertraut und von woher kenne ich es? Wann in meinem Leben habe ich diese Gefühl zum ersten Mal erlebt? Das APS wird damit zu einem Werkzeug, das den inneren Beobachter stärkt und auch im Alltag und bei der Integration holotroper Erfahrungen hilfreich angewandt werden kann.
Atemarbeit
Atemarbeit bezieht sich auf eine Vielzahl von Praktiken und Techniken, bei der die Atmung als ein zentraler Aspekt der menschlichen Erfahrung betrachtet wird und als Eintrittspunkt in tiefere Bewusstseinszustände und den Zugang zu inneren Ressourcen dienen kann. Atemarbeit wird in verschiedenen Bereichen wie Yoga, Meditation, Entspannungstherapie, Traumaheilung und auch im Holotropen Atmen eingesetzt. Dabei wird die Atmung als Werkzeug verwendet, um körperliche, emotionale und geistige Blockaden zu lösen, den Zugang zu tiefen Schichten des Unbewussten zu öffnen und transformative Erfahrungen zu ermöglichen.
Beim Holotropen Atmen wird der Atem in Kombination mit Musik und einem sicheren Set & Setting angewandt, um einen holotropen Bewusstseinszustand zu erreichen.
Atemtechnik
Eine Atemtechnik ist eine spezifische Methode oder Übung, um die Atmung zu regulieren und zu kontrollieren, bei dem häufig spezifische Ziele wie die Verbesserung der Sauerstoffversorgung oder die Entspannung im Vordergrund stehen. Holotropes Atmen ist keine Atemtechnik.
Archetyp
Carl Gustav Jung definierte Archetypen als universelle, symbolische Muster oder Grundmotive des menschlichen Denkens, Fühlens und Handelns, die im kollektiven Unbewussten verankert sind. Sie sind tief in der Psyche verwurzelt und manifestieren sich in Mythen, Träumen, Visionen und kulturellen Überlieferungen. Archetypen sind daher eine Art von psychischen Grundstrukturen, die jedem Menschen aufgrund seiner gemeinsamen menschlichen Erfahrung zugänglich sind. Beispiele für Archetypen sind die Mutter, der Vater, der Held, die Göttin, der Krieger, der Eremit, die Königin, Hexen und Zauberer und viele andere. Sie können eine wichtige Rolle in der individuellen Entwicklung und dem persönlichen Wachstum spielen, indem sie dem Einzelnen helfen, tiefere Ebenen seines Selbst zu erkunden und sich mit den universellen Kräften des Lebens zu verbinden.
Im Holotropen Atmen können Archetypen als symbolische Bilder, Figuren oder Themen, vor allem im Rahmen transpersonaler Erfahrungen auftauchen.
Bewusstseinszustand, holotroper
Ein holotroper Bewusstseinszustand ist ein veränderter bzw. erweiterter Bewusstseinszustand, der im Rahmen des Holotropen Atmens erreicht wird. Er ist durch einen erhöhten Zugang zum Unbewussten und eine Erweiterung des Bewusstseins gekennzeichnet. In diesem Zustand kann unbewusstes und verdrängtes Material bewusst werden und es können außergewöhnliche Erfahrungen und Einsichten auftreten. Dies wiederum führt zu einem tieferen Verständnis des eigenen Selbst und der Beziehung zur Welt. Tiefe Transformations- und Heilungsprozesse auf allen Ebenen können die Folge sein.
Bewusstseinszustand, veränderter
Ein veränderter Bewusstseinszustand bezieht sich auf einen Zustand des Bewusstseins, der sich von einem normalen Wachzustand, also dem Zustand unseres Alltagsbewusstseins unterscheidet. Ein veränderter Bewusstseinszustand kann durch eine Vielzahl von Techniken bzw. Substanzen erreicht werden. Ob es für den Menschen in diesem Zustand möglich ist, Zugang zu Transformation und Heilung zu finden, hängt von der gewählten Methode und dem Set & Setting statt.
Zum Beispiel Alkohol oder Drogen bringen die meisten Menschen ab einer bestimmten Menge in einen veränderten Bewusstseinszustand, der allerdings wenig mit Heilung zu tun hat. Psychedelische Substanzen dagegen können in einem therapeutischen Rahmen genau wie das Holotrope Atmen zutiefst transformierend und heilend wirken.
Biographisches Erleben
Biographisches Erleben bezieht sich auf Erfahrungen und Erinnerungen aus der eigenen Lebensgeschichte. Beim Holotropen Atmen können biographische, perinatale sowie transpersonale Erfahrungen gemacht, bearbeitet und integriert werden.
Breather
Ein Breather ist eine Person, die an einer holotropen Atemsitzung teilnimmt und als Atmender in dem Holotropen Bewusstseinszustand von einem Sitter sowie Facilitator begleitet wird.
COEX
Die Abkürzung COEX steht für "Condensed Experience", was auf Deutsch "verdichtete Erfahrung" bedeutet. COEX-Systeme sind komplexe Strukturen von Emotionen, körperlichen Empfindungen und Gedanken, die sich in der Psyche eines Menschen festgesetzt haben und sich in tief verankerten und schwer veränderbaren Mustern bemerkbar machen. Im holotropen Atmen können COEX auftauchen, bearbeitet und so transformiert werden, dass sie sich auch im Alltag in konkreten Wahrnehmungs- und Verhaltensänderungen zeigen. Ein COEX zeigt sich häufig gleichzeitig im perinatalen, biographischen und transpersonalen Erleben. Ein Beispiel: Ich gerate in meinem Leben immer wieder in Beziehungen, in denen ich verlassen werde. Beim Holotropen Atmen kann mir bewusst werden, dass dieses Muster ein COEX ist, der sich auf verschiedensten Ebenen zeigen kann:
in meiner Kindheit zeigt, wo meine Eltern emotional nicht für mich da sein konnten
nach der Geburt, wo ich von meiner Mutter getrennt wurde
während der Schwangerschaft, wo meine Eltern gezweifelt haben, ob sie in diesem Moment ein Kind haben möchten
transgenerational mit der Erkenntnis, dass sich das Verlassen werden durch die vorhergehenden Generationen zieht
Mit der bewussten Erfahrung des COEX und verschiedenster Interventionen und Körperarbeit (Focused Energy Release) beim Holotropen Atmen, kann der Atmende diese Energie lösen und die alten ungesunden Beziehungsmuster durchbrechen.
Dissoziation
Dissoziation bezieht sich auf einen Zustand der Trennung oder Desintegration von normalerweise zusammengehörenden Aspekten des Bewusstseins, des Gedächtnisses oder der Identität. Dissoziative Zustände können wir alle erleben wie zum Beispiel wenn wir auf "Autopilot" nach Hause fahren und uns nicht mehr erinnern können wie wir von a nach b gekommen sind und was wir auf dem Weg gesehen haben. Je nach Traumahintergrund können diese Zustände in unterschiedlichen Graduierungen (von Tagträumen bis hin zur dissoziativen Persönlichkeitsstörung) auftreten. Auch beim holotropen Atmen kann vor allem bei einem Traumahintergrund eine vorübergehende Dissoziation sichtbar werden, die, wenn sie gut integriert werden kann, mit der Zeit weniger und weniger wird. Menschen, die wissen, dass sie schwere dissoziative Zustände haben, wird vor der Teilnahme an einem Holotropen Atemworkshop zu einer Abklärung und Abstimmung zwischen Facilitator und dem/der behandelten Arzt:in oder Psychotherapeut:in geraten.
Doing not Doing
Doing not Doing bezieht sich auf das Vertrauen in den inneren Prozess jeder Person. Für die Facilitator bedeutet es präsent zu sein für das was ist, ohne einzugreifen und ohne den Prozess des Atmenden zu versuchen zu steuern oder zu beeinflussen. Stattdessen wird dem Prozess gefolgt und der Atmende in dem was ist und was sich ausdrücken mag unterstützt. Doing not doing ist eine Voraussetzung dafür, dass sich die Teilnehmenden ihrer eigenen inneren Kraft und Weisheit bewusst werden und selbst ermächtigen können.
Facilitator
Ein Facilitator ist eine Person, die eine holotrope Atemarbeitssitzung leitet bzw. im Team mitarbeitet, um eine sichere und unterstützende Umgebung für die Erfahrenden zu schaffen. Die Facilitator sind neben der Begleitung bei der Atemsitzung für die Vorbereitung sowie die Nachbearbeitung und Integration im Rahmen des Workshops verantwortlich. Facilitator werden im Rahmen des internationalen mehrjährigen GTT Programms in Transpersonaler Psychologie und Holotropen Atmen ausgebildet. Sie haben einen intensiven Weg tiefer innerer Arbeit hinter sich und unterliegen ethischen Richtlinien und Qualitätsstandards, die sie befähigen Menschen im sensiblen Raum der holotropen Bewusstseinszustände zu begleiten.
Facilitator Team
Ein Facilitator Team besteht aus mehreren Facilitatoren, die im Rahmen eines Holotropen Atemworkshops zusammenarbeiten und die Teilnehmenden bei ihren Erfahrungen begleiten und unterstützen. Eine der Qualitätskriterien für das Holotrope Atmen ist, dass es immer ein Team gibt und dieses divers zusammengestellt ist. Die Größe des Teams ergibt sich aus der Anzahl der Teilnehmenden. Zum Beispiel bei einem Workshop mit 20 Teilnehmer:innen, sollte das Team aus 4 Personen, bei 30 Teilnehmenden aus 6 Personen bestehen. Selbst bei einer Einzelsitzung ist es sinnvoll, dass zwei Facilitator oder ein Facilitator und ein Sitter anwesend sind. Ausgebildete Facilitator in Europa können über die Seite der Holotropic Association Europe gefunden und kontaktiert werden.
Focused Energy Release
Focused Energy Release bezieht sich auf eine bestimmte Form der Körperarbeit beim Holotropen Atmen. Ziel ist, den Atmenden dabei zu unterstützen psychische wie physische Blockaden und Traumata ins Bewusstsein zu holen, sie wahrzunehmen und anzuerkennen, um sie dann zu lösen und langfristig zu integrieren und zu transformieren. Wie die Körperarbeit abläuft wird allen Teilnehmenden im Rahmen der Vorbereitung durch eine ausführliche Einleitung ins Holotrope Atmen erklärt.
Grenzen
Vielen Menschen fällt es schwer Grenzen bei sich und anderen wahrzunehmen und anzuerkennen. Durch das sichere Set & Setting in der Gruppe und den inneren Bewusstwerdungsprozess wird die Wahrnehmung und der Umgang mit Grenzen geschult und die Selbstermächtigung gestärkt.
Gruppe
Die Gruppe setzt sich aus allen Beteiligten (Teilnehmer:innen und Facilitator) zusammen. Die Gruppe bildet gemeinsam einen sicheren Container beim Holotropen Atmen, bietet peer-support und darf als Projektionsfläche genutzt werden, um mit dem Awareness Positioning System (APS) zu arbeiten. Da die erste Gruppe, die wir erleben für die meisten Menschen die Familie ist, gibt es hier viel Potential zur inneren Arbeit. ;-) Häufig ergeben sich in der Gruppe auch hilfreiche Synchronizitäten und vor allem die Erfahrung von Sicherheit, Vertrauen und belastbaren Beziehungen. Daher wird auch empfohlen das Holotrope Atmen eher in der Gruppe als im Einzelsetting durchzuführen.
GTT
Grof Transpersonal Training ist eine internationale Ausbildungseinrichtung für Transpersonale Psychologie und Holotropes Atmen, die von Stan und Christina Grof in den 80er Jahren gegründet wurde. In Europa ist die Holotropic Association Europe für die Durchführung der Ausbildungsmodule zuständig.
GTT Module
GTT Module sind einwöchige Ausbildungsseminare im Rahmen des internationalen GTT Ausbildungsprogramms, das nach erfolgreicher Zertifizierung die teilnehmenden Personen, dazu ermächtigt Holotrope Atemworkshops anzubieten. Das besondere am GTT Programm ist, dass die Module im eigenen Rhythmus besucht werden können und somit in Einklang mit dem eigenen inneren Prozess stattfinden. Grundsätzlich stehen die Module allen Interessierten offen und können auch einzeln besucht werden.
Holding
Holding ist eine Form der Körperarbeit im Holotropen Atmen, die vor allem bei schwierigen Erfahrungen im frühkindlichen und vorsprachlichen Bereich zutiefst heilsam ist und auch Entwicklungstraumata lösen und positiv überschreiben kann.
Holotrop
Der Begriff "Holotrop" leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet "nach dem Ganzen strebend" oder "zur Ganzheit hin orientiert". Der Begriff "Holotrop" wurde von Dr. Stanislav Grof geprägt. In der Holotropen Atemarbeit wird der Begriff verwendet, um den Prozess der Atemarbeit zu beschreiben, bei dem es darum geht, das Bewusstsein zu erweitern und das Individuum in Verbindung mit dem "Ganzen" zu bringen, das bedeutet, mit dem universellen Bewusstsein oder der kosmischen Intelligenz. Durch den holotropen Zustand kann das Individuum seine tiefsten inneren Erfahrungen und Erkenntnisse erfahren, Vertrauen in die eigenen innere Weisheit entwickeln und sich mit dem größeren Sinn des Lebens verbinden. Lese hierzu auch meinen kurzen Artikel "Der Seele Flügel verleihen".
Holotrope Atemsitzung
Eine Holotropope Atemsitzung besteht immer aus drei Komponenten.
Die Atemsitzung
Die Integration
Eine Holotrope Atemsitzung wird von einem Facilitator und einem Sitter begleitet. Sie dauert circa 3 Stunden, wobei die Dauer vom dem sich entfaltenden Prozess abhängt und dementsprechend kürzer oder länger sein kann. Holotrope Atemsitzungen sind meist in einen Holotropen Atemworkshop eingebettet, der nach einem bestimmten Ablauf gestaltet ist. In der Regel sind zwei oder bei einem längeren Workshop vier Atemsitzungen inkludiert.
Holotrope Erfahrungen
Holotrope Erfahrungen beziehen sich auf Erfahrungen, die im holotropen Atmen gemacht werden. Diese Erfahrungen können sich in Form von körperlichen Empfindungen, Emotionen, Bildern oder tiefen Erkenntnissen ausdrücken und in biographisches, perinatales oder transpersonales Erleben unterteilt werden. Diese Erfahrungen werden nicht von außen gesteuert, sondern entstehen ganz von selbst aus der inneren Erfahrungswelt, der sogenannten inneren Weisheit des Teilnehmenden. Die Erfahrungen können jedes Mal anders sein. Die Prämisse lautet: "Ich erfahre vielleicht nicht unbedingt, was ich mir erwarte, aber immer genau das, was ich in diesem Moment brauche."
Holotropic Association Europe
Holotropic Association Europe ist eine gemeinnützige Organisation, die sich der Förderung und Verbreitung der Holotropen Atemarbeit und der Transpersonalen Psychologie unter Einhaltung ethischer Prinzipien und bestimmter Qualitätsstandards in Europa widmet. Sie ist außerdem legitimiert und verantwortlich für die Durchführung der Holotropen GTT Ausbildungmodule in Europa.